Jochen On Tour Blog

Bei den Sami, Schneeschuhwandern über Tromsø

April 02, 2018
Norwegen
5 min read

Ich habe kurzfristig einen Ausflug zu den Sami gebucht. Anschliessend habe ich eine Schneeschuhtour zum Aussichtsberg von Tromsø, dem Fjellheisen unternommen. Bei den Sami Gestern abend habe ich kurzfristig noch einen Ausflug zu den Sami gebucht. Es gibt mindestens drei Anbieter, die einen zwischen 25 und 50 min zu deren Winterquartieren fahren, in denen sie die Rentiere halten. Das ganze kombinieren sie dann mit traditionellem Essen und Einlagen wie Joiken. Abendveranstaltungen haben eine Chance auf Nordlichter, da habe ich aber Gelegenheiten auf der Hundeschlittentour.

Ich habe eine Tour bei Tromsø Artic Reindeer gebucht, die im Norden von Tromsø auf dem Festland ihr Lager haben. Treffpunkt bei allen Anbietern von Touren in Tromsø ist das Radisson Blu Hotel, direkt am Fjord gelegen. Da stehen praktisch immer klein/grosse Busse oder Taxis die Teilnehmer abholen.

Ich bin zuerst etwas erschrocken: es war ein grosser Bus, mindestens 30-40 Teilnehmer, davon fast die Hälfte Asiaten. Ich habe gelesen, dass sie vor allem wegen den Nordlichtern nach Nord-Norwegen kommen, das soll bei der Zeugung von Kindern Glück bringen.

Im Sami Winterlager war es dann trotz der vielen Teilnehmer ganz nett: Rentiere konnte man nach Belieben füttern. Normalerweise finden die Rentiere auch im Winter Futter, sie finden selbst unter tiefem Schnee noch Flechten. Je wärmer allerdings das Klima wird, desto häufiger friert die Schneedecke und dann kommen sie nicht mehr an das Futter heran. Deswegen müssen die Rentier Hirten immer mehr zufüttern.

Viele der Geweihe sind beschädigt (das kommt von den dauernden Kämpfen) oder sind nur teilweise abgeworfen. Aus der Hand fressen sie nicht, auch wenn man ihnen zu Nahe kommt gehen sie einem aus dem Weg (Kommentar: "these are wild animals"). Wegen des Futters kommen sie, die frechen stupsen einem sogar mit dem Geweih oder verjagen die Konkurrenten.

Rentier Schlittenfahren ist eher "aktions-arm": langsam, bedächtig. Die Zugtiere müssen langsam an den Schlitten gewöhnt werden. Am Ende trotten sie dann in der Reihe hintereinander her. Zum Glück gehts bei den Schlittenhunden anders zu...

Faul im Rentierschlitten

Ich habe mich länger mit einer der Sami Frauen unterhalten. Sie kommt aus einer anderen Sami Familie, hilft aber seit kurzem im Winter in Tromsø mit. Sie hat dafür ihren normalen Job als Lehrerin ausgesetzt. Das Gespräch war sehr interessant: die Sami haben ein hohes Bewusstsein für Tradition und zu der Beziehung zu der Natur und ihren Tieren. Wir haben uns über die (inakzeptable) Haltung von Tieren in unseren Industriestaaten unterhalten, im Gegensatz zu der Haltung der Rentiere. Sie hatte dabei die ganze Zeit die Tiere im Blick, ein Kalb mit entzündetem Auge, junge Böcke die miteinander gerauft haben.

Rentier Hirten, die Sami Frau, Gäste (Neuseeland, Ungarn)

Ich besitze einen Sprachführer Sami <-> Deutsch, mit dem bin ich aber nicht weit gekommen, obwohl ich im Flieger noch gelernt habe. Die wichtigsten Worte die sie mir genannt hat sind (wen wunderts): das männliche Rentier (boazu), das weibliche Rentier (vuonjal), die Jungen (miessi).

Das Winterquartier ist Militärgelände, was die Sami Familie seit 8 Jahren im Winter nutzen dürfen. Es gibt keinen Strom, da in Sichtweite eine Gas-Förderanlaege im Fjord steht. Alle Gebäude (Lavvu Zelt, Blockhaus) müssen in wenigen Tagen abgebaut werden können. Der Rentier Besitzer Johan-Isak ist mit seiner Herde, ca. 300 Tiere, im Winter wegen den Raubtieren im Landesinnern an die Küste gezogen. Die grössten Feinde sind Luchs und Vielfraß (Wolverine), die reissen regelmässig Rentiere. Seit dem Umzug ist sein "Ertrag" mit den Rentieren besser als je zuvor. Die Veranstaltungen mit den Touristen macht er seit 3 Jahren, er findet das sehr "praktisch" wenn die Gäste das Futter bezahlen und auch noch selber die Arbeit machen und verfüttern :smiley: (TODO Emoticons?)

Die Rentiere hatten teilweise farbige Ohrmarken wie bei uns (Kommentar der Sami: "die Ohrmarken halten aber eh nicht"). Sie waren immer noch nach Sami Art markiert: Schnitte in die Ohren, ein Ohr hat das Zeichen der Familie, das andere Ohr das Zeichen des Besitzers.

Die Moderne ist auch bei den Sami angekommen: die weiblichen Leitkühe haben Satellitensender (Batterie hält ca. 1 Jahr). Gesucht und zusammengetrieben werden die Tiere nicht nur mit Schneemobile (der Schlitten und Ski sind Vergangenheit) sondern auch mit Hubschraubern. Der neueste Schrei sind Drohnen mit denen sie die Tiere suchen können. (Kollegen: Use cases für NB-IoT ?)

Anschliessend gab es traditionelles Essen: einen leckeren Rentier Eintopf, dazu Kaffee vom offenen Feuer. Als Abschluss hat Johan-Isak einiges über die Sami und ihre Tradition erzählt. Nur 5% der Samen leben noch als Rentierhirten, auch nur Saisonbedingt als Nomaden, die anderen Sami sind in die Gesellschaften von Norwegen/Schweden/Finnland/Russland integriert. Das Bewusstsein für Tradition und Sprache nimmt wieder stark zu, es gibt viele Samische Schulen, die heutige Generation lernt wieder die Sprache und Handwerkstraditionen.

Rentier Eintopf

Die traditionelle Kleidung sagt aus, aus welcher Familie der Träger kommt. Gürtel, Schnallen haben alle ihre spezielle Bedeutung. Er hat noch Festtagskleidung und Mützen gezeigt. Von Rentieren wird alles irgendwie verarbeitet, zu Handschuhen, Hosen, Messergriffe.

Er hat am Ende noch den Joik an sein Winterquartier gesungen. Joik'en ist ein (etwas eigenwilliger) Gesang an etwas Lebendiges, die Natur, Tiere, Menschen.

Ich bin weiterhin von dieser Kultur fasziniert, wobei nur noch wenige das Privileg (oder die harte Arbeit ?) haben das leben zu dürfen.

Schneeschuhwandern über Tromsø

Ich hatte schon morgens geplant anschliessend eine Schneeschuhtour zu machen, und mir Schneeschuhe und Stöcke ausgeliehen. Der Bus hat mich auf dem Rückweg an der Eiskathedrale von Tromsø aussteigen lassen. Von dort bin ich zum "Cable Car", der Talstation der Seilbahn gelaufen. Von dort gehen mehrere Wanderwege den Berg auf den Fjellheisen hoch, Tromsø's schönster Ausblick.

Die Wanderung war super schön, ich war fast alleine unterwegs, erst auf dem Hochplateau waren Skitourengeher und Schneeschuhwanderer zu sehen. Ich bin ein paar mal vom Wanderweg weg direkt durch das Gelände. Teilweise bin ich trotz Schneeschuhe bis zu einem halben Meter im Tiefschnee eingesunken, sehr anstrengend.

An der Bergstation (liegt auf 420 m Höhe) habe ich erstmal Pause gemacht und viel getrunken. Der Blick aus dem Restaurant: wie gemalt.

Auf dem Fussweg zurück zum Hotel (40 min) habe ich noch beim Bäcker halt gemacht und den besten Kaffee in Tromsø getrunken. Heute ist durch den Feiertag (Ostermontag) tote Hose, die Cafes haben zu.

Morgen vormittag um 11:00 gehts dann los: ich muss noch die Schneeschuhe zurückbringen, mein Gepäck aufteilen was auf den Hunderschlitten mitgeht und was beim Veranstalter bleibt. Abgeholt werde ich wie üblich im Radisson Blu.

Trip details

50 km
1 day
Tromsø -> Kvaløysletta -> Tromsdalen -> Fjellheisen

Similar articles

Hundeschlitten Expedition im April 2018 mit Active Tromsø

Norwegen
5 min read

Dieser Blog Post verlinkt alle Blog Einträge, die meine Hundeschlitten Tour (besser: Expedition) im April 2018 mit Active Tromsø (Tore, Sandra, Maja) und dem Team mit Kamilla, Trond Åge, Sanne, Erik und Richard beschreiben. Die Tour Die ersten… Read more

Rückreise nach Hause, Klimawechsel

Norwegen
1 min read

Heute geht es nach Hause: vorher besichtige ich in Tromsø das Polarmuseum, dann geht es über Oslo und München nach Hause. Abreise Heute habe ich in einem "normalen" Bett gut geschlafen, wenn es auch nicht so kuschelig wie im Schlafsack war. Aber dann… Read more

Tag 6: "Ankomst" in Kiruna

Norwegen
3 min read

Ankomst: Ankunft auf Norwegisch. Nach kurzer Zeit sind wir schon am Eishotel in Kiruna. Wir müssen uns von den Hunden verabschieden, und kommen langsam in die Zivilisation zurück. Das fühlt sich noch komisch an. Der letzte Tag Am letzten Tag fahren… Read more

Impressum
Version: 288c6e0e / 2024-01-16T16:56:43.000Z